Eine Frage, die man nicht oft genug stellen kann, ist: ‚Was ist denn da los?‘ Heute geht es um diese Frage. Mit ‚was‘ meine ich den Rechtsruck, mit ‚da‘ auf der ganzen Welt. Richtig gelesen: Es gibt gerade einen Rechtsruck, und er ist global.
Kurz zur Rekapitulation.
Als Anfang Oktober die Chrysanthemen blühten, haben die optimistischen Deutschen nicht schlecht gestaunt, denn in Hessen landete bei den Landtagswahlen die faschistische AfD auf dem 2. Platz und in Bayern wiesen gleich die ersten 3 Parteien ein rechtes bis rechtsextremes Profil auf. Seitdem ist auf der Welt nur noch Scheiße passiert.
Es wählte die Schweiz. Die Parlamentswahl gewann mit Abstand die SVP, eine noch bäuerlicher- dümmlichere Version der AfD, große Wahlverlierer waren die Grünen.
Es wählte Neuseeland. Die regierende sozialdemokratische Labour- Partei verlor 25(!) Prozentpunkte, die Wahl gewann die konservative Partei, sie koalieren jetzt mit NZ First, eine faschistische Partei. Diese konnten ihr Ergebnis mehr als verdoppeln.
Es wählte Argentinien. Neuer Präsident ist Javier Milei, der das soziale Netz Argentiniens komplett und völlig abschaffen will. Schulen, Kliniken, Altenheime? Keinen Cent vom Staat mehr. Nicht unterfinanziert, nicht sehr wenig, gar nichts mehr. Du bist arbeitslos? Dann hoff mal auf Spenden, sonst viel Spaß beim Verhungern. Kannst die Operation nicht bezahlen? Tja, hättest du mal härter gearbeitet, auch dir: Viel Spaß beim Sterben.
Diesen Wichser haben die Argentinier*innen gewählt. Hatten sogar 2 Wahlgänge Zeit, ihn nicht zu wählen, haben es trotzdem gemacht.
Es wählte die Niederlande. Die auch in Deutschland bekannte Witzfigur Geert Wilders (2376 mal als Spitzenkandidat angetreten und immer krachend verloren) ist jetzt gar nicht mehr so witzig, denn seine ‚Partei für die Freiheit'(haha) gewann die Parlamentswahlen. Was sagt uns das? Wenn du rechts bist, dann musst du dich einfach nur oft genug aufstellen, und du gewinnst schon irgendwann. Wilders Ziel? Ausländer raus, EU zerstören, aber von innen. Cool.
Und damit zurück zu Deutschland.
Auch in Deutschland hat die AfD Rekordumfragewerte und das passiert alles, obwohl alle anderen Parteien einen Wettkampf veranstalten, wer die eigenen vergangenen Überzeugungen am weitesten von sich werfen kann.
Es gibt momentan keine einzige Fraktion im deutschen Bundestag, die sich für das Asylrecht einsetzt, ein Recht, was es übrigens auch deshalb gibt, weil man davon ausgeht, dass es extrem repressive Länder gibt und man selbst ja total coole und normale Werte vertritt und so ein Leben jeder verdient hat.
Stattdessen überbietet man sich in Forderungen des konsequenten Abschiebens. Dabei schiebt Deutschland schon jetzt mehr Leute ab, als es nach den eigenen Gesetzen dürfte. Jedem abgelehnten Asylbewerber in Deutschland kann man nur raten, gegen den Beschluss zu klagen, es gibt nämlich eine unglaubliche Gewinnquote von fast 50%. Eine höhere Gewinnquote gibt es wirklich nur bei Polizist*innen vor deutschen Gerichten.
Das Ergebnis ist ein perpetuum mobile nach rechts. Alle Parteien tun so, als ob es eine unglaubliche Menge an Menschen gäbe, die hier gar nicht ‚hingehören‘ (dieser Diskurs an sich ist schon rechts, aber das geht zu weit), die gibt es aber gar nicht und so verringert sich die Zahl in den Unterkünften für Geflüchtete nicht, also muss man noch rechter wählen, bis die Leute ‚endlich‘ mal verschwinden.
Was soll man also tun? Einfach alles zu ’sicheren Herkunftsländern‘ erklären? Noch mehr Geld an die verbrecherische Organisation Frontex schicken, bis die sich ihre Ausrüstung vergolden können? Noch mehr Leute einsperren, die versuchen, Menschen in Seenot zu retten? Nichts davon ist gesetzlich möglich, solange Deutschland ein Rechtsstaat ist.
Im Übrigen möchte ich nur ein einziges Mal eingehen auf das Wirtschaftsargument mit dem Fachkräftemangel, der sich nur weiter und weiter verschärfen wird ohne Zuwanderung. Wer soll euch den Arsch abwischen, wenn ihr euch einscheißt und euch selbst nicht mehr helfen könnt? Wer soll vorbeikommen, wenn euer Klo verstopft? Werden alle Hobby- Klempner*innen? Da zweifle ich aber dran. Welche Pflegekraft soll euch die Hand halten im Hospiz? Ihr habt vielleicht keine Kinder. Und wenn, dann haben die da gar keinen Bock drauf, das kann ich euch versprechen. Die entwickeln nämlich gerade die 197. Dating- App oder bauen was im Kliemannsland und haben ‚leider gar keine Kappas‘. Also muss es ja irgendjemand machen, der momentan nicht in diesem Land ist. Das kann doch nicht wahr sein, dass ihr das wirklich nicht kapiert.
Das Phänomen der kalifornischen Demokraten
Nun gut, alle wollen schlechter leben, nur, damit sie niemanden auf der Straße sehen müssen, dem sie nicht den Namen Günther geben würden. Alles klar.
Nun aber zur Katastrophe der Ampel- Koalition. Dort spielt sich ein ähnliches Phänomen ab wie bei den Wähler*innen der demokratischen Partei in Kalifornien, USA. Die demokratische Partei in den Staaten ist ja eine Mitte-links Partei, die manchmal für und manchmal gegen Menschenrechte, aber auf jeden Fall die linkere Alternative zur republikanischen Partei ist. In Kalifornien sind die Democrats in der krassen Überzahl, sie gewinnen praktisch jede staatsweite Wahl und auch in den lokaleren Bezirken haben sie größtenteils das Sagen. Gleichzeitig ist Kalifornien der Staat mit den mit Abstand meisten Obdachlosen in der USA. Die Gründe dafür sind vielfältig, zum Beispiel erfriert man in Los Angeles auf der Straße nicht, weil es keinen Winter gibt, eine klimatische Eigenschaft, die wohnungslose Menschen gut finden.
Ein klassisches Thema der demokratischen Politiker*innen in Kalifornien ist es nun also, Obdachlosigkeit zu bekämpfen. Unterkünfte finden, Sozialwohnungen bauen usw. Für diese politischen Einstellungen gibt es viel Applaus und viele Wähler*innenstimmen in Kalifornien. Dann passiert Folgendes: Diese Politiker*innen, die gewählt wurden, damit sie Obdachlosigkeit bekämpfen, versuchen, das zu tun. Und dann tickt die Wählerschaft aus. ‚Nicht bei mir‘, ‚ich dachte, der baut das woanders hin‘, ‚die scheißen hier auf die Straße‘, ‚meine Tochter hat ne Nadel in der Mülltonne gefunden‘, und die lauten Proteste der Bevölkerung sorgen regelmäßig dafür, dass diese Projekte scheitern. Wenn die Politiker*innen es doch durchziehen, werden sie abgewählt und durch die nächsten ersetzt, die ‚Obdachlosigkeit bekämpfen‘ wollen und Kalifornien ist und bleibt weiterhin die deutliche Nr.1 bei der Zahl der Obdachlosen. Das Phänomen der kalifornischen Democrats ist also: Wir wählen euch dafür, dass ihr das Problem benennt, aber wehe, WEHE, ihr macht was dagegen.
Dieses Phänomen ist in Deutschland den Grünen passiert.
Es geht um dieses dumme Heizungsgesetz, was nicht gerecht ist (jedoch nicht den Leuten gegenüber, die sich darüber beschweren), aber wenigstens wurde irgendwie mal versucht, den Klimawandel anzusprechen mit konkretem Handeln. Seit über das Gesetz debattiert wurde, brechen die Zahlen der Koalition ein. Wegen des pissigen Heizungsgesetzes. Was gar nichts bewirken wird. Was gar nichts kostet im Vergleich zu dem, was wir bezahlen werden für den Klimawandel. Und wir werden das eh zahlen, das Geld ist eh schon weg.
Was stellt ihr euch denn vor, was mit der Klimakatastrophe passiert? Es wird ja immer von ‚Kipppunkten‘ geredet. Wie muss ich mir das vorstellen, wie ein Fenster auf Kipp?
Nein, Kipppunkte bedeuten, dass der menschengemachte Anteil des Klimawandels nur der Zünder ist für das, was die Erde dann von ganz allein machen wird. Nämlich den Effekt verstärken.
Wisst ihr, was nämlich noch mehr CO² ausstößt, als ne Gasheizung oder n Diesel oder sogar n Ölfeld? Ein richtig, richtig fetter Waldbrand. Und der Wald brennt jetzt schon von ganz allein in nicht dagewesenen Ausmaßen. Das heißt, wir sind hier längst über Eindämmung des CO²- Ausstoßes hinaus, längst über das neue Modewort ‚CO²- Neutralität‘1, wir müssen die Scheiße irgendwie wieder aus der Atmosphäre kriegen, bloß, damit sich die Erde nicht noch schneller erwärmt als jetzt schon. Und die Technologie dazu steckt in den Kinderschuhen. Wie viele neue iPhones werden noch rauskommen, bevor solche Vorrichtungen in großem Stil in Produktion gehen können?
Und während der Stand bei der Klimakatastrophe so ist wie eben beschrieben, werden die Grünen angekläfft für jede miniminikleine Forderung, die sie aufstellen. Von links gibts natürlich auch drauf: ‚Wo bleibt der Ausstieg aus den fossilen Energien, meine Lieben?‘, wird sich da gefragt. Aber die linke Stimme ist auch ganz schön klein und leise, schließlich verlieren die Ampelparteien gerade ihre Wähler*innen nach rechts und nicht nach links (gabs da nicht auch mal ne Fraktion? Naja). Wer denkt sich schon: ‚Mh, die Grünen machen mir zu wenig gegen den Klimawandel, lass mal die AfD wählen.‘
Stattdessen wurde die hirnrissige Schuldenbremse jetzt von einer Mehrheit der Deutschen befürwortet, weil die ja so viel Gutes für uns getan hat2. Alles bloß, damit keine Heizungsgesetze kommen. Ich glaubs einfach nicht.
Was haben die Grünen jetzt mit dem Rechtsruck zu tun?
Alle Rechtsrücke auf der Welt haben einen Kern: Sie sind antiglobalistisch. Eine ursprünglich mal linke Position, die in allen neurechten Bewegungen der Welt nur so floriert. Denn was ist schon antiglobalistischer als Nationalismus? Fick die Anderen, das ist Antiglobalismus! Und eine Partei, die versucht, gegen die Klimakatastrophe anzukämpfen (und in Deutschland werden die Grünen als das zumindest wahrgenommen), kann nur global denken. Das geht gar nicht anders.
Dieses Denken nicht zuzulassen, das abzustrafen, darüber nicht nachzudenken, das ist Teil des Rechtsrucks. In Deutschland und überall sonst auch. Es sieht richtig mies aus auf der Welt und die Reaktion ist: Fick doch die Anderen. Aber am Ende ist man der Gefickte selbst.
1Ne Rant- Fußnote dazu: Die gleichen Unternehmen, die die Erde eingeschissen haben, wollen uns jetzt erzählen, dass sie doch die großen Weltretter sind, denn es werden ja so viele Bäume gepflanzt, dass die das von der Produktion ausgestoßene CO² wieder aufnehmen. Klingt erstmal gar nicht sooo falsch, ist aber so zu wenig, dass mein Bullshit- Radar voll ausschlägt.
Damit Deutschland bei dem CO²- Ausstoß von heute CO²- neutral wird, müsste man eine Fläche, die vorher keinen eindämmenden Effekt hatte auf den Klimawandel, bewalden (also auch keine Grasfelder oder sowas, am besten Tundra, in der aber nichts wächst, oder urbane Gebiete, aus denen die Leute sicher freiwillig wegziehen). Diese Fläche müsste für die CO²- Neutralität nur von Deutschland halb so groß sein wie ganz Deutschland. Jedes fucking Jahr. Erklärt mir mal, wo das sein soll? Wo ist diese Fläche? Und im Übrigen brennt die Scheiße ja eh dann ab, denn Waldbrände nehmen ja zu, wie wir schon festgestellt haben.
2An dieser Stelle nur der Hinweis, dass Staatsschulden erstmal nichts Schlimmes sind, soviel hab sogar ich verstanden und die damalige Einführung durch unseren Liebling Wolfgang Schäuble schon damals auf Fantasieargumenten beruht hat.